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AUSGABE: Januar 2005


Rubrik: STUFF

REPORTAGE: E-Mail Überwachung - Feind hört mit

Ab 1. Januar 2005 beginnt in Deutschland ein neues Kapitel der Überwachung. Ab dieser Zeit müssen alle Internet-Provider ab 1000 Kunden den kompletten E-Mail Verkehr mitlauschen und per spezieller Einrichtung an die Sicherheitsbehörden übermitteln.


Was wir aus Filmen wie "Big Brother" kennen, nämlich die Überwachung wird jetzt in Deutschland Wirklichkeit, zumindest im E-Mail-Verkehr. Denn entsprechenden Regelungen in der mehrfach novellierten Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Hier könnt ihr den Gesetzestext nachlesen. Ausgeschlossen von der Regelung sind (bis jetzt) Provider mit weniger als 1000 Mitgliedern. Da aber die E-Mails ja auch irgendwo hingeschickt werden, sind diese indirekt doch betroffen, wenn die Mail an einen großen Anbieter wie T-Online, Web.de oder GMX geht. Ab sofort heißt jetzt: "Feind hört mit!".

Eine große technische Herausforderung stellt die E-Mail-Überwachung nicht dar. Gut ein Dutzend Firmen bieten Überwachungsboxen und Softwarelösungen an. Zu den Ausrüstern gehören Unternehmen wie Alcatel, GTEN, NetUSE, O3SIS, Secunet, Siemens oder Utimaco. Alle Varianten "bespitzeln" den gesamten Mailverkehr, überprüfen ihn auf die Adressen Verdächtiger und leiten die entsprechenden Datenpakete aus. Diese stehen den Sicherheitsbehörden dann über SINA-Boxen für die verschlüsselte Übertragung zur Verfügung.

Was die Provider aber am meisten empört, ist die Tatsache, dass die E-Mail-Spionage leicht umgangen werden kann. Kriminelle könnten etwa Verschlüsselungssoftware oder Anonymisierungsdienste nutzen, um ihre Kommunikation zu verbergen. Beliebt ist nach Auffassung von Experten auch das "Provider-Hopping", um Abhöranordnungen zu umgehen.

Damit kehrt jetzt auch im Internet Normalität ein: Der brave Bürger wird bespitzelt, der Kriminelle weiß, wie man es umgeht und der Kunde darf es bezahlen.

Autor: jochen
Erstellt am: 2004-12-30