JAM: September 2003  
















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SERIE: ALTE GEMäUER mohan: 2003-08-24

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Nach längerer Pause stelle ich euch mal wieder einige alte Steine vor. Diesmal habe ich die Festung Landau ausgewählt, bzw. das, was davon noch übrig ist.


Die stärkste Festung des Abendlands wollte Vauban für seinen König, den Sonnenkönig Ludwig XIV. aus Landau machen. Die Stadt, die nach dem Westfälischen Frieden 1648 der französischen Schutz- und Schirmpflicht unterstellt und später 1680 entgegen gültiger Verträge französisch wurde, war der am weitesten in das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hineinragende Vorposten Frankreichs. Daher war wohl auch der starke Ausbau vorgesehen. Allerdings haben nur wenige Reste die Zeiten überdauert und das Hinweisschild "Festung Landau" mit der schematischen Darstellung des Deutschen Tores mag so manchen Neugierigen verwirren. Er wird verzweifelt nach der Festung suchen. Doch es gibt noch Reste und die sind beeindruckend (besonders die Anlagen des vorgelagerten Forts). Sie sind ein lebendiges Zeugnis der französischen Festungsarchitektur des 17. Jahrhunderts.

Bevor ich jetzt zur Beschreibung der Überreste komme, kurz ein Blick in die Geschichte der Festung. Wie schon erwähnt, hatte Frankreich 1648 die Schutz- und Schirmrechte über den Elsässischen Zehnstädtebund erhalten, zum dem auch Landau gehörte. Doch dies war für Ludwig XIV. nicht genug, er wollte noch mehr, sein Ziel war die "natürliche Grenze" Frankreichs, der Rhein. Um dieses Ziel zu erreichen, legte er Verträge zu seinen Gunsten aus. Die von Frankreich eingerichtete Rèunionskammer in Breisach verleihte der militärischen Annexion der elässischen Reichsstädte Rechtscharakter. So kam also Landau in französischen Besitz. Um die neuen Grenzen zu sichern beauftragte er seinen Festungsbaumeister Vauban mit dem Bau von Festungen zur Grenzsicherung. Zu dieser gehörten u.a. Haguenau, Bitche, Saarlouis (Neugründung) und auch Landau.

Die Festungsanlagen in Landau wurden von 1688-91 erbaut, das vorgelagerte Fort 1700-02. Um die Stadt den Erfordernissen einer Festung anzupassen, wurde Landau 1689 fast vollständig niedergebrannt. Jetzt war Platz für breite Straßen und einen Exerzierplatz. Die Festungsanlagen bestanden aus einer achteckigen Hauptmauer (Kurtine), an deren Ecken sich Bastionen befanden. An einigen Stellen wurden Vorwerke (Grabenscheren, Ravellins, Lunetten) davor errichtet. Zugang zur Stadt war nur durch zwei Tore (Deutsches Tor und Französisches Tor) möglich. Für die Soldaten gab es noch zusätzlich Poternen, kleine, vergitterte Tore, die als Ausfalltore dienten. Das Wasser der Queich, an der Landau liegt, wurde mit einem ausgeklügelten Kanalsystem ebenfalls in die Verteidigung eingebaut.

Ende des 19. Jahrhunderts waren die Festungsanlagen veraltet und die bayerische Regierung hob den Festungsstatus Landaus auf. Darauf begann der Abriss der Festungsanalagen, die Stadt konnte sich jetzt ungehindert ausdehnen. Nur wenige Reste blieben erhalten, u.a. die beiden Stadtore, die Queichschleusen am Ein- und Ausfluss in die Festung und vor allen die Fortananlagen. Weitere Reste der Festung muss man schon genauer suchen, so stammt u.a. die Einfassung der Queich an der Festhalle noch aus der Festungszeit und am Zoo ist noch ein Rest einer vorgelagerten Bastion zu sehen. Aber wie schon erwähnt benötigt man viel Fantasie, sich die wehrhafte Festung Landau heute vorzustellen. Dazu muss man schon ins Stadtmuseum gehen, wo sich ein Festungsmodell befindet.

Zum Schluss beschreibe ich noch die besonders sehenswerten Reste der Festung. Als erstes die beiden Stadttore. Sie sind identisch und vermitteln noch am besten den wehrhaften Eindruck der Festung. Über dem Durchgangstor befindet sich die Lilie, das Wappen der Bourbonen und im Giebelfeld das gesicht des Sonnenkönigs Ludwig XIV. mit seinem Leitspruch "Nec pluribus impar" (Auch vielen gewachsen). Die Tore demonstrieren dem Besucher Landaus bildhaft den Machanspruch Frankreichs. Die beiden Schleusenhäuser sind ebenfalls sehenswert, wenn auch im Falle der Ausflussschleuse eher versteckt. Sie sind auch nicht sofort als Bestandteil der Festung erkennbar. Die Schleuse am Queicheinfluss ist heute immer noch funktionstüchtig.

Den besten Eindruck der Wehhaftigkeit bieten sicher die Fortanlagen, die noch vollständig erhalten sind. Das Fort besteht aus drei Voll- und zwei Halbbastionen und hat zwei vorgelagerte Ravellins. Erhalten ist neben der Umwallung auch das vorgelagerte Grabensystem. Heute sind die Fortanlagen mit Wald bedeckt, teils auch überwuchert. Gerade im Sommer sieht es in den Gräben wie in einem Urwald aus. Zusammen mit den Gräben und Wällen sind die Fortanlagen schon fast ein Abenteuerspielplatz. Bei angemeldeten Führungen kann man auach die Minengänge in den Ravellins besichtigen. Gerade hier lohnt sich ein Besuch, die Anlagen sind schon beeindruckend. Die stärkste Festung des Abendlands ist hier noch nachvollziehbar. Aber auch die beiden Tore lohnen einen Besuch. Wer sich für Festungsarchtitektur interessiert, für den ist Landau ein Muss, selbst wenn nur noch geringe reste erhalten sind.


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